
Warum hat mir denn niemand gesagt, das das wirklich so ernst ist?
Wir hören aus Jesu Mund eine Geschichte, die in praktisch jeder Hinsicht eine Sonderstellung einnimmt. Es gibt Hinweise, dass es sich um eine im Volk verbreitete Erzählung handelt. Ja, man kennt sogar eine ägyptische Version davon. Dieser Befund verblüfft und irritiert uns und stellt uns vor die Frage: Was genau will uns Jesus mit dieser traditionellen Erzählung sagen? Was genau ist ihm so wichtig, dass er mit vollem Ernst darüber spricht? Es geht nicht um einen Bildprospekt vom Jenseits. Wir haben ja schon zur Kenntnis genommen, dass Jesus mit wenigen Strichen gängige Vorstellungen vom Leben nach dem Tod wiedergibt. Er ändert nichts, er malt die Szene im Jenseits aber auch nicht weiter aus. Es geht sicher nicht einfach um die Umkehrung der Verhältnisse: Der eine ist hier reich – dort muss er runter. Der andere ist hier arm – dort trumpft er auf. Ein bestimmter Satz könnte in diese Richtung verstanden werden: „Du hast deinen Anteil an Gutem schon im Leben bekommen – genauso wie Lazarus seinen Anteil an Schlimmem. Dafür findet er jetzt hier Trost, du aber leidest.“ Doch deutet nichts darauf hin, dass Jesus das im Fokus hat. Wenn die besondere Aussage Jesu durch diese Erzählung weder die Schilderung des Jenseits noch die Vertröstung auf die Umkehrung der irdischen Verhältnisse ist – was ist sie dann? Ich glaube, die dringliche Mahnung Jesu liegt im letzten Satz. – Aber machen wir einen Schritt nach dem anderen.
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