
Wir begegnen im Prophetenbuch Jesaja dem Vermächtnis einer Gestalt, die bei aller Kritik an bestehenden Missständen und kompromissloser Wahrhaftigkeit eine väterliche Haltung ausstrahlt, geprägt von Fürsorglichkeit und Güte auch für die Menschen, die mit ihrem Glauben und Versagen nicht zurechtkommen.
Wir haben beim ersten Teil des Jesajabuches (Kap 1-39) von der Dreiteilung dieser Schrift gesprochen. Die drei Teile sprechen in weit auseinander liegende geschichtliche Epochen hinein. Doch nunc wollen wir abschließend festhalten, dass eine tiefe Geistesverwandtschaft zwischen den drei Teilen herrscht. Sie atmen einen gemeinsamen Geist.
Ja, wir begegnen neben scharfer, zugespitzter Kritik auch Heilsliedern und Bildern der Hoffnung, die wie Atempausen des Trostes und der Ermutigung in das Prophetenbuch eingestreut sind, Bildern von einer erneuerten Schöpfung und eines Friedenszustands, den Gott unverdienterweise über diese Welt bringen wird. Aufgrund dieser Besonderheiten ist das Buch Jesaja als Ganzes nicht bloß eine Prophetenschrift. Es ist ein Lebensbuch, das uns als schwache und irrende Menschen begleitet.
Vor Jahren habe ich für eine Adventmeditation den Versuch gestartet, das Leben Jesu nicht direkt mit Worten des Neuen Testaments nachzuerzählen, sondern indirekt, durch Zitate aus dem Buch Jesaja. Ich will nun diesen Versuch zu Gehör bringen. Nicht jedes Zitat darf als eine direkte Vorhersage Jesu aufgefasst werden. Ich will mit dieser Meditation die tiefe Geistesverwandtschaft zwischen dem Jesajabuch und den Evangelien des Neuen Testaments zur Geltung bringen.
AUDIO Jesaja als das „Fünfte Evangelium“
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